Talentsoft

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Talentsofts (engl. Skillsoft) sind aufgezeichnete Fertigkeiten, in Form von digitalem Wissen und Mukskelgedächtnis.

Funktion

Eine Talentsoft ermöglicht dem Nutzer die Anwendung einer nicht erlernten Fähigkeit, die zuvor als Software programmiert und auf Chips gebrannt oder zum Download aus der WiFi-Matrix bereitgestellt wurden. Diese Software ist nur nutzbar, wenn der Nutzer über entsprechende Cyberware, wie etwa einer Talentleitung für Aktionssofts oder eine Talentbuchse für Sprachsofts und Wissenssofts, verfügt. Solche Talentsofts sind nicht zum Unterricht gedacht und können, egal, wie oft sie verwendet werden, die Person nicht in einer Sache schulen.[1]

Da das "Memory-Imaging" einer Talentsoft deutlich anders als echte, erlernte Fertigkeiten funktioniert, ist es nötig, dass die abspielende Cyberware vorhandene Fertigkeitsmuster überbrückt. Die angeeigneten Reflexe, Erinnerungen und Bewegungsmuster des Nutzers werden so durch eine dem Reticular-Activation System Override ähnliche Technologie unterdrückt, so dass er sich auf den Code der Talentsoft verlassen muss.[2]

Herstellung von Talentsofts

Talentsofts sind eine Weiternetwicklung der ASIST-Technologie, wie sie auch in SimSinn verwendet wird. Wo SimSinn nur die sensorischen Zentren des metamenschlichen Gehirns stimuliert, greift eine Talentsoft auch in den Kortex und das Cerebrellum ein und vermittelt dem Gehirn Wissen und Fertigkeiten, die es eigentlich nciht hat. Die Verbreitung von Talentleitungen und Talentsofts ist vielleicht die einschneidenste Veränderung der Gesellschaft seit langem, aber nicht immer zum Besseren.[3]

Die Herstellung von Talentsofts ist aufwändig und erfordert zahllose SimSinn-Aufnahmen verschiedener Metamenschen, die eine bestimmte Tätigkeit ausüben, Handgriff für Handgriff, unter allen vorstellbaren Bedingungen. Diese Aufnahmen werden dann als Datenbank von SimSinn-Schnibseln gesammelt, in ein für Datasoftverbindungen und Talentleitungen lesbares Format gebracht, und zum Download angeboten oder auf Datenchips verkauft.[4]

Arten von Talentsofts

Es gibt vier verschiedene Typen dieser Software. Grundlegend gilt, dass, wenn abgebildeten Fertigkeiten intuitives Wissen und Bewegungsmuster erfordern, zum Abspielen Talentleitungen nötig sind;[5] für reines Kopfwissen reicht eine Datenverbindung.[6][7]

Aktionssoft

Hauptartikel: Aktionssoft

Aktionssofts (auch "Aktivsofts" genannt) vermitteln motorische Fähigkeiten. Sie ermöglichen zum Beispiel die Verwendung von Kampfstilen oder die Benutzung von Fahrzeugen, nicht jedoch die Anwendung jeglicher magischer oder Resonanzfertigkeiten.[8] Da der Nutzer ohne Aktionssofts jedoch gar nicht weiß, was er zu tun hätte, überbrückt der Chip die Reflexe und Reaktionen des Nutzers. Der merkt durchaus, was er tut, und kann es kontrollieren, ist aber nicht fähig, zu lernen und seine Fähigkeit anzupassen, und vergisst sie, sobald die Soft deaktiviert wird, wieder vollständig.[9]

Datensoft

Hauptartikel: Datensoft

Datensofts (auch "Datasofts") enthalten Informationen, wie ein Lexikon. Der Benutzer muss sich jedoch selbst bemühen, diese Informationen zu verstehen und richtig anzuwenden. Dafür braucht er auch keine Cyberware, um diese Soft nutzen zu können.

Linguasoft

Hauptartikel: Linguasoft

Linguasofts oder auch "Sprachsofts" sind erweiterte, aktivere Wissenssofts; sie ermöglichen das Beherrschen fremder Sprachen, ohne dass dafür jedoch gleich Talentleitungen nötig wären. Eine Datenverbindung ist jedoch durchaus nötig.[8]

Wissenssoft

Hauptartikel: Wissenssoft

Wissenssofts stellen dem Benutzer reines Wissen (zum Beispiel über Naturwissenschaften) zur Verfügung, tun dies aber intuitiver als Datasofts und fühlen sich für den Nutzer für die Dauer, die die Soft läuft, wie eigenes Wissen an.[8]

Verwaltung von Talentsofts

Talentsofts sind praktisch. Viele Bürger der Sechsten Welt nutzen sie gerne und oft, um sich schnell einen Überblick zu verschaffen, sofort eine Fremdsprache sprechen zu können, oder sich durchs Leben zu bluffen, obwohl sie keine Ahnung haben, was sie eigentlich tun. Das erfordert natürlich, viele Talentsofts ständig parat zu haben. Mehrfach-Chipbuchsen sind bei häufigen Nutzern von Talentsofts sehr beliebt.[10][8] Um einen ständigen lästigen Wechsel von Talentsofts zu vermeiden, gab es in den 2050ern und 2060ern sogenannte Talentsoft-Jukeboxen - kleine Computer, in die man mehrere Talentsofts stecken oder laden kann, und die dann mit Knopfdruck, Sprachsteuerung oder - wenn vorhanden - über DNI bedient werden.[11] In den 2070ern hat das Kommlink diese Funktion übernommen, und die Jukebox ist weitgehend obsolet geworden.

Talentsoft-Matrixdienste

Aber auch das beste Commlink kann nicht unbegrenzt viele Talentsofts speichern, zumal die Lizenzen dieser Programme für den Besitz schnell ziemlich teuer werden.[12] Aber es gibt Abhilfe. In den 2070ern werden Talentsofts oft nicht mehr erworben, sondern über die WiFi-Matrix gestreamt.[13] Das bedeutet nicht, dass die entsprechende Cyberware - Talentleitungen oder Datenverbindungen - nicht weiterhin nötig wäre um die Softs sinnvoll nutzen zu können,[14] aber die Softs selber werden nur temporär heruntergeladen und nach der Nutzung wieder gelöscht.[15]

Neben Privatnutzern haben vor allem Arbeitgeber diese Möglichkeit für sich entdeckt, ihre Lohnsklaven noch flexibler und optimiert einsetzbarer zu machen.[12] Vor allem manuelle, aber auch Wissens- und Sprachfähigkeiten lassen sich so per Download jeweils zum Arbeitsplan eines augmentierten Arbeiters zusammenstellen, in ihn laden, und am Ende des Arbeitstags problemlos wieder löschen.[16] Das spart Geld und vor allem Zeit bei Ausbildung und Weiterbildung - neu versetzte Arbeiter müssen nicht mehr angelernt werden, Abteilungen können sehr flexibel aufgestockt werden, und bei der Trennung vom Arbeitgeber gehen diesem keine in Form von aus- und Weiterbildung gemachten Investitionen verloren.[12][17] Zwar ist die Investition in entsprechende Cyberware für niedrigste Tätigkeiten nicht lohnend, aber vor allem im unteren Management und auf Facharbeiterebene bieten sich so erstaunliche Möglichkeiten.[16]

Datasoft-Provider

Im Bereich der Datasofts ist Renraku mit seiner "Data Library of Alexandria" der Platzhirsch, die eine Unmenge an Datasofts zur Verfügung stellt, die ein Nutzer gegen eine geringe monatliche Gebühr frei einsehen kann. Dieses Abo berechtigt nur zur Einsicht, nicht Manipulation oder Download der Daten, und verfällt, wenn eine monatliche Rate nicht geleistet wird. Ares betreibt mit der "Library of Jefferson" einen ähnlichen Dienst, und Horizon und Saeder-Krupp bauen ebenfalls solche Dienste auf.[18]

Talentsoft-Provider

Diese Dienste decken Wissens-, Lingua- und Aktionssofts ab, und stehen Privatpersonen ebenso zur Verfügung wie Großkunden, die ganze Arbeitskolonnen und Abteilungen so mit dem nötigen Wissen und Fertigkeiten ausstatten, um den Profit des Konzerns zu mehren.[19] Hierbei gilt, dass Privatpersonen in einem mehrstufigen System ein Abonnement aufnehmen können. Je mehr sie zahlen, desto besser die Softs, auf die ihnen Zugriff gestattet wird. Firmenkunden handeln ihre Verträge üblicherweise individuell mit den Providern aus.[18]

Der Wireless-Krieg von '75

Anfang der 2070er gab es vier Megakonzerne, die im Geschäft als Provider von Talentsofts mitmischten: Renraku über seine beiden Dienste WorkShop (Aktionssofts) und Babel (Linguasofts), Horizon über seine Tochterfirma Singularity, die neben dem gleichnamigen Aktionssoft-Provider[20] auch einen Knowsoft-Service namens Lifeline betrieb,[21] den von Spinrad Industries betriebenen Provider Luxe und den indischen Double-A-Konzern KITT.[22] Während ihre Angebote sich etwas unterschieden - Workshop konzentrierte sich auf solide, praktische Berufs-Softs, Lifeline auf bestmögliche Qualität und dynamische Updates, Luxe auf künstlerische und "Designer-Skillsofts" und KITT auf einen Preiskampf gegen die anderen drei mit billigen, aber eher schlechten Softs - rückten die anderen Megakonzerne auf.[22]

NeoNET, über dessen Backbones der Datenverkehr von Lifeline lief, nutzte dies für Spionage und baute an seinem eigenen, sehr an Lifeline erinnernden, Dienst. Auch Shiawase, das sich ohnehin im Konflikt mit Horizon befand, nutzte die Wirren des Technomancermassakers in Las Vegas, um - mutmaßlich mit Kaiserin Hitomis Hilfe - an große Teile des Quellcodes von Lifeline zu gelangen, die man dann unter der Hand an Renraku weiterreichte, das daraufhin ein natürlich lange geplantes und vorbereitetes Update von Workshop durchführte. NeoNET startete auch bald einen natürlich selbst entwickelten Talentsoft-Provider-Dienst. Horizon klagte gegen diese Vorgänge vor dem Konzerngerichtshof - und verlor krachend, 8 gegen 4 Stimmen. Nach dem Urteil - ohne Zusammenhang mit dem Konflikt - startete Aztechnology seinen eigenen Talentsoftproviderdienst, der aber nur innerhalb der Grenzen Aztlans aktiv ist.[23]

Letztendlich verhandelten die betroffenen Megakonzerne eine Aufteilung der Weltmärkte. In Asien darf Shiawase den Markt beherrschen in Europa NeoNET, Renraku die gesamte Südliche Hemisphäre, und Horizon die NAN und Kalifornien. Der Rest Nordamerikas sollte eigentlich auch NeoNETs Domäne werden, aber so sehr wie der Konzern damals schon wankte konnten die Mitbewerber nicht anders, als ihnen diesen Kuchen streitig zu machen. Daher gibt es in den UCAS und CAS sowie der Karibischen Liga und Quebec keinen dominierenden Talentsoft-Provider, dafür halsabschneiderischen Wettbewerb.[23]

Die "kleineren" Wettbewerber KITT und Spinrad Industries mussten hierbei sehen, wo sie blieben. Aber für Spinrad kam mit NeoNETs Fall ja der Moment der Genugtuung. Neben ihren großen Download-Diensten bieten Renraku mit der "Data Library of Alexandira", Ares mit der "Library of Jefferson", und Horizon und Saeder-Krupp mit ähnlichen Diensten große Archive verschiedenster Datasofts an.[18]

Festverdrahtete Talentsofts

Eine Technologie, die seit den 2050ern bekannt ist,[24] sank ihre Beliebtheit durch die Verfügbarkeit von Talentsoft-Downloads zumindest in hochentwickelten Staaten erheblich. Diese relativ billige und permanente Form der Verdrahtung ist allerdings in weniger entwickelten Staaten Afrikas und den chinesischen Warlord-Staaten weiterhin beliebt. Die Möglichkeit, in einer Gegend mit bestenfalls schlechtem Bildungssystem auf diese Art relativ billig an begehrtes Fachwissen zu kommen, ist hier sehr viel mehr wert, zumal die Netzabdeckung weiterhin keine flächendeckenden Talentsoft-Download-Dienste erlaubt. KITT und Renraku Afrika sind in diesem Segment am präsentesten.[18]

Talentsoft-Hardwires sind recht beliebte Omegaware, die man in den Slums der Sechsten Welt überall antreffen kann. Hier ist die Fähigkeit, Wissen so einzubauen, ebenso wertvoll wie in Kriegsgebieten.[18]

Talentsoft-Cluster

Wie bei Matrixprogrammen gibt es auch für Talentsofts Pakete, die aufeinander abgestimmt und daher besonders ergonomisch sind.[9] Sogenannte Cluster haben oft ein Thema ineinander greifender Wissens-, Lingua- und Aktivsofts.[25]

Beispielprodukte

DocWagon Paramedic
Entwickelt, um in Krisen- und Kriegszonen schnell medizinisches Personal zu finden, kann mit diesem Cluster aus einem normalen Bürger ein DocWagon-Notfallmediziner werden![25]
Knight-Errant Self-Defense
Eigentlich für Evos Versatile Operative-Cybersuiten entwickelt, ist dieser Cluster ein Überraschungshit.[25]
Manadyne Archmage
Ein Skillsoftcluster, der aus einem Weltlichen zumindest einen Kenner der Magie wenn schon keinen Erwachten, macht. Wird mit einer magietheoretisch wertvollen alten Sprache geliefert (üblicherweise Latein, aber andere Versionen sind auch verfügbar).[25]
Mitsuhama Home Mechanic
Diese Sammlung an Aktivsofts macht aus jedem Augmentierten einen begabten Heimwerker und Heim-Mechaniker.[25]
Whiskey Noir
Ein Cluster aus Know- und Activesofts für den aufstrebenden augmentierten Privatdetektiv.[25]

Personafixe

Manche Personafix-Chips haben integrierte Talentsofts, um die künstliche Persönlichkeit noch besser aufzubauen. Die Technologie geht auf Experimente der CAS-Armee in den späten 2040ern zurück.[26] Ein frühes Beispiel in dieser Hinsicht waren drei experimentelle "Dreamchips", die in den 2050ern in Seattles Straßen auftauchten, und den Chipheads jeweils Persönlichkeit - und Fertigkeiten von Jack the Ripper, Cleopatra und Dschingis Khan verliehen. [27]

Mehr hierzu im entsprechenden Artikel.

Auf der anderen Seite sind die sogenannten Statsofts, bei denen das Spielverhalten historischer Baseball-Größen auf Chip gebrannt wird, und die von den Spielern der NAL-Profiliga genutzt werden, ein legaleres und weniger gefährliches Beispiel dieser Technologie.[28] Sie waren, noch vor Globals Dreamchips, die erste Anwendung dieser Technologie ausserhalb militärischer Labors.[29]

Talentsoftsucht

Talentsofts werden in aller Regel nicht als Suchtgefährlich betrachtet. Das ist ein gefährlicher Irrtum. die Fähigkeit, jede Fertigkeit auf Wunsch auszutauschen, führt schnell dazu, dass man nichts mehr auf normalem Weg lernt, und sogar das Vertrauen in normal erlernte Fertigkeiten verliert. Der Griff zu den Talentleitungen, wenn man etwas tun muss, wird schnell automatisch.[30]

Zwar ist es natürlich praktisch, alles chippen zu können, vor allem wenn es wireless geschieht. Aber natürlich erlernte Fertigkeiten können Talentsofts nicht ersetzen. Auch wenn ihre Bibliotheken groß sind, an die Anpassungsfähigkeit des metamenschlichen Gehirns kommen sie nicht heran, zumal viele gebräuchliche Talentsofts gar keine derart ausgedehnten Bibliotheken haben, um Kosten zu sparen. Und wer sich dann auch noch von ihnen abhängig macht, gerät schnell in einen Teufelskreislauf. Die Proliferation von Talentleitungen unter Lohnsklaven, insbesondere bei Horizon,[20] macht Talentsoftsucht zu einem beängstigenden Problem der kommenden Jahre.[29]

Immerhin ist Talentsoftsucht keine körperliche Sucht, sondern eine psychische. Die Talentsoft ist eine mentale Krücke, mehr nicht. So etwas kann mit Therapie behandelt werden - und mit dem Entzug der Krücke. Natürlich ist das keine beliebte Option, und für viele Lohnsklaven, die zur verchipten Belegschaft gehören, ist es sogar gar keine.[29]

Noch wurde in den Medien nicht verstärkt über die Probleme dieser neuen Abhängigkeitsform gesprochen - KFS hat viel ausgeblendet, was daneben in der Welt der Augmentierungen schief läuft. Aber Experten sind sich einig - das ist ein näher und näher kommendes Problem.[29]

Bis auf weiteres ist Talentsoftabhängigkeit aber keine anerkannte Sucht, entsprechend wird ihre Behandlung von den meisten Krankenkassen nicht übernommen. Daher bleibt Süchtigen nur ein kalter Entzug mit Hilfe von Freunden - oder der Abgrund, in den die Konzerne sie treiben.[29]


Endnoten

Quellenangabe

Index

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