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'''Status Fluxus''' (meist nur '''Status F''' genannt) bezeichnete innerhalb des anarchistischen [[Berlin]]s der [[2040er]] und frühen [[2050er]] das ständig wechselnde Machtgefüge zwischen den verschiedenen Fraktionen der [[Freistadt]]. | |||
== | ==Begriffserklärung== | ||
''Fluxus'' ist das lateinische Worte für ''fließend'' und bezeichnet das herrschende, wandelbare und äußerst instabile Machtgefüge, welches zu dieser Zeit herrschte. | |||
< | Der [[Anarchistische Bewegung Berlin|Anarchistischen Bewegung Berlin]], die diesen Zustand hergestellt hatte, war es sehr daran gelegen, dass sich "sämtliche wechselseitigen Beziehungen in permanenter Veränderung befinden, sodass keine neuen Machtstrukturen im Sinne eines Status quo zementiert werden können". Sollte eine Partei den Eindruck erwecken, soetwas wie eine stabile Machtbasis aufzubauen, wurde sie sofort als "Bedrohung des Status Fluxus" eingestuft und zum Feindbild aller anderen Parteien.<ref name=BER10>{{QDE|ber}} S.10</ref> | ||
= | Dabei war das chaotische Gefüge sich stetig ändernder wechselseitiger Beziehungen aus [[Policlub]]s, Syndikaten, Sekten, Kulten, [[Gang]]s, und [[Konzerne]]n durchaus funktional, wenngleich naturgemäß undurchsichtig. Wer irgendetwas in dem Gewirr erreichen wollte, brauchte die Hilfe von Informationsbeschaffern (die das fluktuierende Netzwerk von Gruppen und Allianzen im Blick hatten) und Vermittlern, die entsprechend Einfluss hatten.<ref name=BER10/> | ||
[[Kategorie: | ==Vorgeschichte== | ||
Der Anfang von Status F kann in seiner Vorgeschichte auf zwei Ereignisse zurückgeführt werden. Zum einen war da der [[Berliner Frühling]], eine äußerst brutale Polizeiaktion im Jahr [[2023]], die nachfolgend viel Leid bei den Protestbewegungen erzeugte und die ein langanhaltendes, repressives Klima in einem darbenden Berlin erzeugten, welches nach dem [[Crash von 2029]] ums Überleben kämpfte.<ref>{{QDE|ber}} S.8-9</ref> | |||
Die Bevölkerung, die die Gewalt nie vergessen hatte, brauchte nur noch einen Zündfunken, der nach der [[Nacht des Zorns]] am [[7. Februar]] [[2039]] folgte. Im Gefolge der Nacht, bei der vor allem die Rassisten Federn lassen mussten, blieb die Stimmung aufgeheizt und wandte sich besonders gegen den [[Süddeutscher Bund|Süddeutschen Bund]] und dessen Lager für Metamenschen, sowie dessen Eugenik-Programm. Die Polizei reagierte auf die sich bildende Protestbewegung abermals mit Gewalt. An die Ereignisse aus den [[2020er]]n erinnert, reagierten die Demonstranten dieses Mal derart heftig, dass keine Gewalt ihren Zorn stoppen konnte. Berlin versank im Chaos, als sich die [[Anarchistische Bewegung Berlin]] (ABB) bildete, in der eine Vielzahl teils widersprüchlicher Strömungen sich vereinte und das herrschende Regime, welches der Ansicht der ABB nach die Demokratie nur zum Hohn und Spott vorgaukelte, stürzen wollte. An dessen Stelle sollte eine Regierungs-, bzw. Staatsform stehen, die keine Gesetze vorschrieb und die niemanden zu etwas zwingen würde, das dieser nicht tun wollte.<ref>{{QDE|ber}} S.9-10</ref> | |||
===Das Letzte Gesetz=== | |||
Nachdem am [[5. September]] der [[Berliner Senat]] zum Rücktritt gezwungen worden war, bildet sich das sogenannte [[Libertäres Komitee|Libertäre Komitee]], welches am [[28. September]] das [[Letztes Gesetz|Letze Gesetz]] ausrief. Dies war der Beginn des Status F.<ref name=BER10/> | |||
==Neuordnung== | |||
Das Libertäre Komitee verblieb selbst als beratendes politisches Organ und als Diskussionsplattform unter dem Namen "[[Berliner Rat]]" und hatte eine Koordinationsfunktion ohne irgendwelche legislativen oder exekutiven Befugnisse. Öffentliche Einrichtungen wurden im Rahmen der Aktion "Treusorgende Hände" privatisiert. Fortan wurden Müllentsorgung, Feuerwehr, öffentliche Bau- und Instandhaltungsvorhaben, Energie, Post, ÖPNV und Polizei aufegelöst und diese Aufgaben von (mal mehr, mal weniger) verantwortungsvolle "Interessengruppen" verteilt, wobei es sich dabei um Kommunen, Zusammenschlüsse und manchmal sogar [[Konzerne]] handelte.<ref name=BER10/> | |||
====(Un-)recht und Gesetz==== | |||
Das Letzte Gesetz verbot ausdrücklich das Erlassen allgemein gültiger Gesetze (daher auch der Name). Von nun an war jeder seines eigenen Glückes Schmied und übte, so er sich in seinen Rechten verletzt fühlte oder glaubte, Opfer eines Verbrechens geworden zu sein, Selbstjustiz. In diesem Zuge war er entweder selbst dafür verantwortlich oder heuerte jemanden an, um das (vermeintliche) Unrecht zu begleichen. Arbeitslose Beamten, die früher bei der Polizei gewesen waren, bildeten Berlins "Selbstjustiz-Trupps" (SJTs) oder engagierten sich als mietbare Leibwächter (wie etwa der Sicherheitsdienst [[CATCH]]). Da jeder "Bürger" für seine eigene Sicherheit verantwortlich war, bildete man rasch allianzen in Vierteln oder mit anderen Gleichgesinnten, um Stärke durch Masse zu erlangen (was auch der klasischen Bandenmentalität entspricht). Dinge wie etwa die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht, Jugendschutz oder Gleichbehandlung entfielen, da sich niemand darum scheren musste, konnte oder wollte.<ref name=BER10/> | |||
====Völkerwanderung==== | |||
Natürlich fand der Status F nicht bei allen Zuspruch, auch wenn viele die Idee einer Sozialrevolution unterstützt hatten. Wer konnte, verließ die Stadt mit Hab und Gut oder etablierte mit seinen gutbetuchten Nachbarn Fonds, um das eigene Viertel mittels Sicherheitsfirmen, [[Söldner]] oder angeheurte Banden zu verteidigen.<ref name=BER10/> Mit der Ausrufung des Status F verließen viele türkischstämmige Familie Berlin und ließen sich im [[Groß-Frankfurt|Großraum Frankfurt]] und dem [[Nordrhein-Ruhr|Ruhrgebiet]] nieder.<ref name="KEN 152">{{QDE|ken}} S.152</ref> | |||
Auf der anderen Seite lockte diese neue freiheitlichen Ideale auch viele Personen an, da Berlin nun zum Zentrum des europäischen [[Neo-Anarchismus]] avancierte. Freidenker, Anarchisten, Slacker, Gesellschaftsaussteiger, Künstler und andere Subkulturen (etwa Cyber-Punks, Meta-Poser und Glamours) aus ganz [[Europa]] siedelten sich in Berlin an. Aber auch (politische) Wirrköpfe und radikale Extremisten kamen nach Berlin, bei denen die Abwesenheit feststehender Gesetze mit einer "Alles ist erlaubt"-Mentalität verwechselt wurde und die teils (meta)menschenverachtende Auswüchse hervorbrachten (wie etwa Kannibalen oder Cyber-Apotemnophile (Apotemnophilie = Sexuelle Erregung durch Amputation)).<ref name=BER10/> | |||
====Reaktionen==== | |||
In [[Hannover]] und den anderen Landeshauptstädten war man nicht gerade erfreut über die Entwicklungen in Berlin, aber die jeweiligen Regierungen mussten doch positiv feststellen, dass die Stadt als "Endlager subversiver Elemente" bestens geeignet war und man sich so eine Menge (politischer) Störenfriede entledigen konnte, die bereitwillig in die Betonoase inmitten des [[Brandenburg]]er Ödlands zogen. Und über eine Lösung für das "Berliner Problem" konnte man sich so oder so aufgrund des Förderalismus und der restlichen politischen Probleme nicht wirklich einigen, zumal die frühere deutsche Hauptstadt eh finanziell und politisch immer weiter verfiel.<ref name=BER10/> | |||
Als dann die [[Allianz Deutscher Länder]] am [[8. Mai]] [[2045]] gegründet wurde und man eine neue Verfassung etablierte, wurde Berlin erstmal politisch mit einem Sonderstatus ausgeklammert und nicht weiter in den [[Bundesrat (Deutschland)|Bundesrat]] vorgelassen.<ref name=BER10/> | |||
{{Shadowtalk|Worüber eigentlich auch niemand traurig war, denn die politischen Zerwürfnisse der jüngeren Jahre brachten der alten Bundes-, bzw. jungen [[Allianzregierung]] schon genug Kopfschmerzen. Insofern brach man sich kein Bein, als man Berlin sich lieber weiter selbst überließ und erst mal andere Löcher stopfte.|[[Sparcs]]|SIG=- ''Everything we hear is an opinion, not a fact.''}} | |||
==Alltag im Status F== | |||
Der Status F funktionierte trotz aller Widrigkeiten und Berlin erlebte in den [[2040er]]n und beginnenden [[2050er]]n das erste Mal seit langem so etwas wie Ruhe. Die Idealisten erträumten sich zwar ein Utopia, das nie erreicht werden konnte, aber den Berlinern wurde ermöglicht, ein vollkommen neues Bewusstsein für die Abhängigkeit voneinander klar, sowie auch die Bildung alternativer Gemeinschaften auf limitiertem Raum - den sogenannten ''Kiezen'', die auch weit nach dem Ende des Status F ihre Bedeutung nicht verlieren würden. Und vor allem: Eine Zeit des gemeinschaftlichen Zusammen- und Überlebens ohne Blutvergießen oder Tyrannei. Auch wenn es immer wieder Schwierigkeiten gab, so konnten die Vermittler und ''Sokaren'' (vergleichbar mit lokalen Richtern / Vollstreckern) immerhin über ein Jahrzehnt lang das Gleichgewicht der Kräfte wahren und das komplizierte Gewulst unterschiedlichster Interessengruppen im Gleichgewicht halten.<ref name=BER10/> | |||
Auch [[Konzerne]] fanden sich in Berlin während dieser Zeit, da der Status F deren Anwesenheit nicht verboten hat (auch wenn man die [[Exterritorialität]] nicht anerkannte). Diese waren, wenig überraschend, natürlich daran interessiert, Profit aus den Berlinern zu schlagen. Dennoch gab es auch Widerstand von konzernfeindlichen Gruppierungen, die die wachsende Präsenz der Konzerne eher besorgt betrachteten; ihr eigenen Regeln ermöglichten es aber nicht, den Aufbau von [[Konzernenklave]]n zu untersagen, solange die Konzerne die Macht nicht an sich rissen.<ref name=BER11>{{QDE|ber}} S.11</ref> | |||
Anno [[2053]] erhielt Berlin dann offiziell eine Anerkennung von der [[Allianz Deutscher Länder]] und bekam auch einen Sitz im Bundesrat.<ref name=BER11/> Mit dieser Anerkennung wurde Berlin offiziell zur [[Freistadt]] erklärt.<ref name="DPADL 14">{{QDE|dp:adl}} S.14</ref> | |||
==Ende von Status F== | |||
Was lange befürchtet wurde, wurde dann [[2055]] Realität. Ein Verein von Anarchosyndikalisten, der sich [[Liberty of Body and Soul]] nannte, entpuppte sich im April des Jahres als Werkzeug der [[AG Chemie]], welches Allianzen mit etlichen anti-anarchistischen Gruppen geschmiedet hatte, bei denen Spione der AGC das Sagen hatten. Der [[Berliner Rat]] reagierte mit einer temporären Allianz der autonomen Front umd die Bedrohung für den Status F aus dem Weg zu räumen.<ref name=BER11/> | |||
Als wäre dies nicht genug gewesen, reagierten die [[Megakonzerne]] auf die Enttarnung der AGC-Spione, in dem sie die Stadt übernehmen wollen. [[Saeder-Krupp]], AGC, [[Internationale Fahrzeug- und Maschinen-Union AG|IFMU]], [[Proteus]], [[Fuchi]], [[Ford Motor Company]], [[Renraku]] und [[Aztechnology]] verwarfen die Idee eines sanften Endes und starteten mit ihren vereinten Konzentruppen und mit politischer Rückendeckung des Bundesrates eine generalstabsmäßige Militäraktion.<ref name=BER11/> | |||
Zu ihrem Pech erwies sich ihre Selbstüberschätzung als heimtückischer Mörder und verhinderte es, die gesamte Stadt einzunehmen. Diverse, zum teil verfeindete Splittergruppen verbündeten sich kurzerhand und lieferten den logistisch und militärisch überlegenen Konzerntruppen einen erbitterten Abwehrkampf, wobei sie vor allem auf militärische Waffen aus der Zeite des islamischen Grabenkampfs zu [[Eurokriege|Eurokriegszeiten]] zurückgriffen, die von den Autonomen requiriert wurden. So müssen sich die Konzerne am Ende damit begnügen, die Sympathisanten des Status F lediglich in den Osten der Stadt zurückgedrängt zu haben. Ein weiteres Mal wird eine Mauer durch Berlin gezogen, dieses Mal allerdings, um den Status F nicht in den Westteil zurückkehren zu lassen. Dieses Mal reicht sie nicht nur von Norden nach Süden, sondern umgibt auch noch den Ostteil.<ref name=BER11/> | |||
Trotz allen Widerstandes können die Ostberliner den Bau des "Antianarchistischen Schutzwalls" nicht verhindern, auch wenn er am Ende genug Schlupflöcher auf der [[brandenburg]]er Seite bietet, um die Schutzzone nach Lust und Laune betreten und verlassen zu können. Einzig der (legale) Zutritt zum konzernkontrollierten Westteil bleibt verwehrt.<ref name=BER11/> | |||
Der Status F kommt offiziell am [[27. August]] [[2055]] zu seinem Ende.<ref name="DPADL 14"/> Der [[Berliner Vertrag]] legitimierte in der Folge den Anspruch der Konzerne auf die Metropole.<ref>{{QDE|ber}} S.14</ref> | |||
==Nachwehen== | |||
Im Osten versuchte man, den Status F nochmal in kleinerem Maßstab aufleben zu lassen, während sich im Westen die Bewohner mit ihrem lange gepflegten Selbstverständnis nun einer Autorität beugen mussten. Unter diesen befand sich zudem eine ganze Generation, die im Status F geboren und aufgewachsen war und nichts anderes kannte - von den Medien auch als ''Generation F'' bezeichnet, die nun der Mischung aus Allianz- und internationalem Konzernrecht folgen sollte.<ref>{{QDE|ber}} S.11-12</ref> | |||
Der [[27. August]] ist heute ein Feiertag in Berlin und wird [[Tag der Befreiung Berlins]] genannt. Dabei wird den "Opfern der Unruhen von 2055" gedacht und in den Konzern- und Westbezirken werden Paraden abgehalten. In den Alternativbezirken hingegen finden Demos zum Ende des Status F statt. Der [[28. September]] hingegen ist ein inoffizieller Feiertag, dem nur in den Alternativbezirken wirklich eine Bedeutung zukommt. Beim sogenannten [[Tag der Ausrufung der Anarchie]] haben viele Geschäfte geschlossen, während etliche Feiern und Konzerte stattfinden.<ref>{{QDE|ber2080}} S.9</ref> | |||
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[[Kategorie:Berliner Geschichte]] |
Aktuelle Version vom 9. Juli 2024, 13:05 Uhr
Status F |
Geschehen:
|
Ort: Berlin |
Zeit: 28. September 2039 - 27. August 2055 |
Beteiligte: |
Status Fluxus (meist nur Status F genannt) bezeichnete innerhalb des anarchistischen Berlins der 2040er und frühen 2050er das ständig wechselnde Machtgefüge zwischen den verschiedenen Fraktionen der Freistadt.
Begriffserklärung
Fluxus ist das lateinische Worte für fließend und bezeichnet das herrschende, wandelbare und äußerst instabile Machtgefüge, welches zu dieser Zeit herrschte.
Der Anarchistischen Bewegung Berlin, die diesen Zustand hergestellt hatte, war es sehr daran gelegen, dass sich "sämtliche wechselseitigen Beziehungen in permanenter Veränderung befinden, sodass keine neuen Machtstrukturen im Sinne eines Status quo zementiert werden können". Sollte eine Partei den Eindruck erwecken, soetwas wie eine stabile Machtbasis aufzubauen, wurde sie sofort als "Bedrohung des Status Fluxus" eingestuft und zum Feindbild aller anderen Parteien.[1]
Dabei war das chaotische Gefüge sich stetig ändernder wechselseitiger Beziehungen aus Policlubs, Syndikaten, Sekten, Kulten, Gangs, und Konzernen durchaus funktional, wenngleich naturgemäß undurchsichtig. Wer irgendetwas in dem Gewirr erreichen wollte, brauchte die Hilfe von Informationsbeschaffern (die das fluktuierende Netzwerk von Gruppen und Allianzen im Blick hatten) und Vermittlern, die entsprechend Einfluss hatten.[1]
Vorgeschichte
Der Anfang von Status F kann in seiner Vorgeschichte auf zwei Ereignisse zurückgeführt werden. Zum einen war da der Berliner Frühling, eine äußerst brutale Polizeiaktion im Jahr 2023, die nachfolgend viel Leid bei den Protestbewegungen erzeugte und die ein langanhaltendes, repressives Klima in einem darbenden Berlin erzeugten, welches nach dem Crash von 2029 ums Überleben kämpfte.[2]
Die Bevölkerung, die die Gewalt nie vergessen hatte, brauchte nur noch einen Zündfunken, der nach der Nacht des Zorns am 7. Februar 2039 folgte. Im Gefolge der Nacht, bei der vor allem die Rassisten Federn lassen mussten, blieb die Stimmung aufgeheizt und wandte sich besonders gegen den Süddeutschen Bund und dessen Lager für Metamenschen, sowie dessen Eugenik-Programm. Die Polizei reagierte auf die sich bildende Protestbewegung abermals mit Gewalt. An die Ereignisse aus den 2020ern erinnert, reagierten die Demonstranten dieses Mal derart heftig, dass keine Gewalt ihren Zorn stoppen konnte. Berlin versank im Chaos, als sich die Anarchistische Bewegung Berlin (ABB) bildete, in der eine Vielzahl teils widersprüchlicher Strömungen sich vereinte und das herrschende Regime, welches der Ansicht der ABB nach die Demokratie nur zum Hohn und Spott vorgaukelte, stürzen wollte. An dessen Stelle sollte eine Regierungs-, bzw. Staatsform stehen, die keine Gesetze vorschrieb und die niemanden zu etwas zwingen würde, das dieser nicht tun wollte.[3]
Das Letzte Gesetz
Nachdem am 5. September der Berliner Senat zum Rücktritt gezwungen worden war, bildet sich das sogenannte Libertäre Komitee, welches am 28. September das Letze Gesetz ausrief. Dies war der Beginn des Status F.[1]
Neuordnung
Das Libertäre Komitee verblieb selbst als beratendes politisches Organ und als Diskussionsplattform unter dem Namen "Berliner Rat" und hatte eine Koordinationsfunktion ohne irgendwelche legislativen oder exekutiven Befugnisse. Öffentliche Einrichtungen wurden im Rahmen der Aktion "Treusorgende Hände" privatisiert. Fortan wurden Müllentsorgung, Feuerwehr, öffentliche Bau- und Instandhaltungsvorhaben, Energie, Post, ÖPNV und Polizei aufegelöst und diese Aufgaben von (mal mehr, mal weniger) verantwortungsvolle "Interessengruppen" verteilt, wobei es sich dabei um Kommunen, Zusammenschlüsse und manchmal sogar Konzerne handelte.[1]
(Un-)recht und Gesetz
Das Letzte Gesetz verbot ausdrücklich das Erlassen allgemein gültiger Gesetze (daher auch der Name). Von nun an war jeder seines eigenen Glückes Schmied und übte, so er sich in seinen Rechten verletzt fühlte oder glaubte, Opfer eines Verbrechens geworden zu sein, Selbstjustiz. In diesem Zuge war er entweder selbst dafür verantwortlich oder heuerte jemanden an, um das (vermeintliche) Unrecht zu begleichen. Arbeitslose Beamten, die früher bei der Polizei gewesen waren, bildeten Berlins "Selbstjustiz-Trupps" (SJTs) oder engagierten sich als mietbare Leibwächter (wie etwa der Sicherheitsdienst CATCH). Da jeder "Bürger" für seine eigene Sicherheit verantwortlich war, bildete man rasch allianzen in Vierteln oder mit anderen Gleichgesinnten, um Stärke durch Masse zu erlangen (was auch der klasischen Bandenmentalität entspricht). Dinge wie etwa die Durchsetzung der allgemeinen Schulpflicht, Jugendschutz oder Gleichbehandlung entfielen, da sich niemand darum scheren musste, konnte oder wollte.[1]
Völkerwanderung
Natürlich fand der Status F nicht bei allen Zuspruch, auch wenn viele die Idee einer Sozialrevolution unterstützt hatten. Wer konnte, verließ die Stadt mit Hab und Gut oder etablierte mit seinen gutbetuchten Nachbarn Fonds, um das eigene Viertel mittels Sicherheitsfirmen, Söldner oder angeheurte Banden zu verteidigen.[1] Mit der Ausrufung des Status F verließen viele türkischstämmige Familie Berlin und ließen sich im Großraum Frankfurt und dem Ruhrgebiet nieder.[4]
Auf der anderen Seite lockte diese neue freiheitlichen Ideale auch viele Personen an, da Berlin nun zum Zentrum des europäischen Neo-Anarchismus avancierte. Freidenker, Anarchisten, Slacker, Gesellschaftsaussteiger, Künstler und andere Subkulturen (etwa Cyber-Punks, Meta-Poser und Glamours) aus ganz Europa siedelten sich in Berlin an. Aber auch (politische) Wirrköpfe und radikale Extremisten kamen nach Berlin, bei denen die Abwesenheit feststehender Gesetze mit einer "Alles ist erlaubt"-Mentalität verwechselt wurde und die teils (meta)menschenverachtende Auswüchse hervorbrachten (wie etwa Kannibalen oder Cyber-Apotemnophile (Apotemnophilie = Sexuelle Erregung durch Amputation)).[1]
Reaktionen
In Hannover und den anderen Landeshauptstädten war man nicht gerade erfreut über die Entwicklungen in Berlin, aber die jeweiligen Regierungen mussten doch positiv feststellen, dass die Stadt als "Endlager subversiver Elemente" bestens geeignet war und man sich so eine Menge (politischer) Störenfriede entledigen konnte, die bereitwillig in die Betonoase inmitten des Brandenburger Ödlands zogen. Und über eine Lösung für das "Berliner Problem" konnte man sich so oder so aufgrund des Förderalismus und der restlichen politischen Probleme nicht wirklich einigen, zumal die frühere deutsche Hauptstadt eh finanziell und politisch immer weiter verfiel.[1]
Als dann die Allianz Deutscher Länder am 8. Mai 2045 gegründet wurde und man eine neue Verfassung etablierte, wurde Berlin erstmal politisch mit einem Sonderstatus ausgeklammert und nicht weiter in den Bundesrat vorgelassen.[1]
Worüber eigentlich auch niemand traurig war, denn die politischen Zerwürfnisse der jüngeren Jahre brachten der alten Bundes-, bzw. jungen Allianzregierung schon genug Kopfschmerzen. Insofern brach man sich kein Bein, als man Berlin sich lieber weiter selbst überließ und erst mal andere Löcher stopfte. | |
Sparcs - Everything we hear is an opinion, not a fact. |
Alltag im Status F
Der Status F funktionierte trotz aller Widrigkeiten und Berlin erlebte in den 2040ern und beginnenden 2050ern das erste Mal seit langem so etwas wie Ruhe. Die Idealisten erträumten sich zwar ein Utopia, das nie erreicht werden konnte, aber den Berlinern wurde ermöglicht, ein vollkommen neues Bewusstsein für die Abhängigkeit voneinander klar, sowie auch die Bildung alternativer Gemeinschaften auf limitiertem Raum - den sogenannten Kiezen, die auch weit nach dem Ende des Status F ihre Bedeutung nicht verlieren würden. Und vor allem: Eine Zeit des gemeinschaftlichen Zusammen- und Überlebens ohne Blutvergießen oder Tyrannei. Auch wenn es immer wieder Schwierigkeiten gab, so konnten die Vermittler und Sokaren (vergleichbar mit lokalen Richtern / Vollstreckern) immerhin über ein Jahrzehnt lang das Gleichgewicht der Kräfte wahren und das komplizierte Gewulst unterschiedlichster Interessengruppen im Gleichgewicht halten.[1]
Auch Konzerne fanden sich in Berlin während dieser Zeit, da der Status F deren Anwesenheit nicht verboten hat (auch wenn man die Exterritorialität nicht anerkannte). Diese waren, wenig überraschend, natürlich daran interessiert, Profit aus den Berlinern zu schlagen. Dennoch gab es auch Widerstand von konzernfeindlichen Gruppierungen, die die wachsende Präsenz der Konzerne eher besorgt betrachteten; ihr eigenen Regeln ermöglichten es aber nicht, den Aufbau von Konzernenklaven zu untersagen, solange die Konzerne die Macht nicht an sich rissen.[5]
Anno 2053 erhielt Berlin dann offiziell eine Anerkennung von der Allianz Deutscher Länder und bekam auch einen Sitz im Bundesrat.[5] Mit dieser Anerkennung wurde Berlin offiziell zur Freistadt erklärt.[6]
Ende von Status F
Was lange befürchtet wurde, wurde dann 2055 Realität. Ein Verein von Anarchosyndikalisten, der sich Liberty of Body and Soul nannte, entpuppte sich im April des Jahres als Werkzeug der AG Chemie, welches Allianzen mit etlichen anti-anarchistischen Gruppen geschmiedet hatte, bei denen Spione der AGC das Sagen hatten. Der Berliner Rat reagierte mit einer temporären Allianz der autonomen Front umd die Bedrohung für den Status F aus dem Weg zu räumen.[5]
Als wäre dies nicht genug gewesen, reagierten die Megakonzerne auf die Enttarnung der AGC-Spione, in dem sie die Stadt übernehmen wollen. Saeder-Krupp, AGC, IFMU, Proteus, Fuchi, Ford Motor Company, Renraku und Aztechnology verwarfen die Idee eines sanften Endes und starteten mit ihren vereinten Konzentruppen und mit politischer Rückendeckung des Bundesrates eine generalstabsmäßige Militäraktion.[5]
Zu ihrem Pech erwies sich ihre Selbstüberschätzung als heimtückischer Mörder und verhinderte es, die gesamte Stadt einzunehmen. Diverse, zum teil verfeindete Splittergruppen verbündeten sich kurzerhand und lieferten den logistisch und militärisch überlegenen Konzerntruppen einen erbitterten Abwehrkampf, wobei sie vor allem auf militärische Waffen aus der Zeite des islamischen Grabenkampfs zu Eurokriegszeiten zurückgriffen, die von den Autonomen requiriert wurden. So müssen sich die Konzerne am Ende damit begnügen, die Sympathisanten des Status F lediglich in den Osten der Stadt zurückgedrängt zu haben. Ein weiteres Mal wird eine Mauer durch Berlin gezogen, dieses Mal allerdings, um den Status F nicht in den Westteil zurückkehren zu lassen. Dieses Mal reicht sie nicht nur von Norden nach Süden, sondern umgibt auch noch den Ostteil.[5]
Trotz allen Widerstandes können die Ostberliner den Bau des "Antianarchistischen Schutzwalls" nicht verhindern, auch wenn er am Ende genug Schlupflöcher auf der brandenburger Seite bietet, um die Schutzzone nach Lust und Laune betreten und verlassen zu können. Einzig der (legale) Zutritt zum konzernkontrollierten Westteil bleibt verwehrt.[5]
Der Status F kommt offiziell am 27. August 2055 zu seinem Ende.[6] Der Berliner Vertrag legitimierte in der Folge den Anspruch der Konzerne auf die Metropole.[7]
Nachwehen
Im Osten versuchte man, den Status F nochmal in kleinerem Maßstab aufleben zu lassen, während sich im Westen die Bewohner mit ihrem lange gepflegten Selbstverständnis nun einer Autorität beugen mussten. Unter diesen befand sich zudem eine ganze Generation, die im Status F geboren und aufgewachsen war und nichts anderes kannte - von den Medien auch als Generation F bezeichnet, die nun der Mischung aus Allianz- und internationalem Konzernrecht folgen sollte.[8]
Der 27. August ist heute ein Feiertag in Berlin und wird Tag der Befreiung Berlins genannt. Dabei wird den "Opfern der Unruhen von 2055" gedacht und in den Konzern- und Westbezirken werden Paraden abgehalten. In den Alternativbezirken hingegen finden Demos zum Ende des Status F statt. Der 28. September hingegen ist ein inoffizieller Feiertag, dem nur in den Alternativbezirken wirklich eine Bedeutung zukommt. Beim sogenannten Tag der Ausrufung der Anarchie haben viele Geschäfte geschlossen, während etliche Feiern und Konzerte stattfinden.[9]
Trivia
Der Troll-Protagonist der Spielserie Trog of War heißt "F" und der Erzählung der Spiele folgend ist der Status F nach ihm benannt.[10]
Endnoten
Quellenangabe
Widersprüche
Konflikt: Deutschland in den Schatten II S.13
Abweichung: Beendigung des Status F
Laut Deutschland in den Schatten II wurde der Status F am 8. August 2055 beendet. In den anderen Darstellungen wird der Status F offiziell am 27. August beendet.
Konflikt: Reiseführer in die deutschen Schatten S.141
Abweichung: Ausurufung der Anarchie
Reiseführer in die deutschen Schatten gibt an, dass die Anarchie 2027 ausgerufen wurde, was aber falsch ist. Der Status F begann erst 2039.
Index
Quellenbücher
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Sonstige
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