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Also, das war die eigenartigste metaplanare Erfahrung, die ich in all den verdammten Jahren mach'n durfte... War kürzlich auf 'ner metaplanaren Quest, und wollte eigentlich ganz wo anders hin... jedenfalls, als ich mit'em Hüter der Schwelle fertig bin, und endlich in die Metaebene eintreten kann, stell ich fest, dass ich verdammt noch mal nich' da gelandet bin, wo ich hinwollte: Steh ich doch in ner weiten, graubraunen Ebene, aus der sich so 'ne komplett ummauerte, mittelalterliche Stadt erhebt. - Wie so'n Marktfleckn mit Stadtrechten und Bischofssitz aus der Zeit der ollen Hanse und der Ritter und Pfeffersäcke... Ach so, ja: also, die Stadt besteht hinter den grauen Stadtmauern mit ihren Wehrgängen, Zinnen und Türmen mit grau-schwarzen Schieferdächern komplett aus Kirchen und Klostergebäuden. Total verschachtelt, und teilweise halb in einander gebaut, und alles Grau in Grau. - Und sie wird gerade belagert... das heißt, eigentlich wird sie gerade von den Belagerern gestürmt, bei denen es sich durch die Bank um feurige Landsknechtsgestalten mit lodernden Bidenhändern und flammenden Hellebarden und rotglühende, eiserne Ritterrüstungen handelt, die zusätzlich mit Feuer und glühenden Kohl'n gefüllt sind - ganz offensichtlich Wesen aus der Ebene des Feuers, mit denen ich eh' nicht sonderlich gut auskomm... Aber egal, denk ich: wenn die sich nun schon mal den Weg durch die Mauern und Tore freigebrannt ha'm, gibts vielleicht auch für'n alten Piraten wie mich was an Beute abzugreif'n... schließ' ich mich also mal der marodierenden, feurigen Soldateska an. - Und Marrodeure war'n das! - Ich mein, die Roten Korsaren, mit denen ich damals gesegelt bin, war'n ja nie Kinder von Traurigkeit - aber so gehaust ha'm wir nie, bei unseren Überfällen! - Die Stadtbewohner und Verteidiger - alles so Mönchs- und Nonnengestalten aus weißem und grauem Stein, hatten keine Chance, die wurd'n eins, zwei, fix niedergemacht, ohne dass man ihnen auch nur die Spur von'ner Gelegenheit gelass'n hätte, sich zu ergeb'n... Gefiel mir von Minute zu Minute weniger, was ich da zu seh'n bekam. - Na ja, und als ich dann mit ansehen musste, wie so eine größere Rotte Feuerteufel fünf Nonnen - vier davon eigentlich noch ganz junge Novizinnen - in 'ner verdammten Sackgasse hinter so 'nem Prachtbau von Dom oder Kathedrale in die Enge getrieben hat, und sie sich vornehmen will, da hat's bei mir ausgehakt. - Ich weiß auch nicht, was ich mir dabei gedacht hab, aber jedenfalls hab ich mich über 'nem Dutzend bewaffneter Feuergeister, die ganz offensichtlich auf Mord und Todschlag und schlimmeres aus war'n, in den Weg gestellt. Hab ihnen was gehustet, von wegen, sie sollten sich Gegner in ihrer Gewichtsklasse such'n, und ihnen dann mit meinen Wasserzaubern [L 1] Saures gegeben, dass es nur so gedampft hat...! War mir in dem Moment völlig egal, was mein Patron davon halten mag, wenn ich für'n paar Nönnchen den Kavalier spiel... aber er muss wohl trotzdem seine Hand über mich gehalten ha'm, da ich aus der Sache einigermaßen heil rausgekomm'n bin, und die Novizinnen, die irgendwie was von so Grabengeln aus strahlend weißem Marmor an sich hatt'n, noch nich' mal 'n Rußfleck abbekommen haben. - Jedenfalls, die eine, ältere Nonne hat dann, als meine Wasserwogen auch noch die letzten der feurigen Angreifer zum Verlöschen gebracht hatten, die Arme ausgebreitet, und wollte scheinbar 'n großes Dankgebet vom Stapel lassen. - Ich - nass, dampfend und auch 'n Bisschen angekokelt - bin schon ziemlich angenervt, weil ich damit rechne, dass die jetzt anfangen, mich endlos auf Latein zuzutexten... aber statt dessen sagt die Ober-Nonne, oder was die nun war, bloß 'n kurzen, knappen Satz in total altmodischem, westphälischen Dialekt, den ich aber trotzdem auf Anhieb und problemlos verstand'n hab.
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Für wahr, Ihr seid keiner von jenen, welche keine Gnade kennen - hier, nehmt dies! - Und nutzt es wohl!
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Zitat Geisterhafte Schwester Oberin
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Zitat Geisterhafte Schwester Oberin
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Und eh' ich mich's verseh' drückt sie mir so'n Pergamentbogen in die Pratzen, halb zusammengerollt, mit ner Kordel dran, an der 'n dickes, fettes Siegel baumelt. Ich kann gar nicht anders, als ihn anzunehmen - und kaum hab ich ihn in meinen Trollhänden, wusch, sind die Kirchen, Klöster Stadtmauern, gepflasterten Gassen, flüchtende Nonnen und Mönche und die feurigen Plünderer verschwunden, und ich schrei "Autsch!" weil ich mich in meiner Medizinhütte im heimischen Flannegan Manor unsanft auf'n Boden gesetzt hab, und dabei genau auf'm Steissbein gelandet bin! - Der sorgfältig gezeichnete Schutzkreis auf'm Boden verwischt, etliches von dem Material, also Seegrasbündel und Treibholz und so, verbrannt oder verkohlt und n' Haufen Asche ... und das Pergament, das mir diese ältere Nonne in die Hand gedrückt hat, das is' nun einfach 'n Blatt billiges Papier, wie aus ner Kladde oder nem altmodischen Aktendeck'l rausgeriss'n... und nein: Das hatte ich noch nicht in der Hand, als ich die Metaplanare Reise angetreten hab. - Aber - und nun kommt das Schärfste: Auf diesem Papier steht in hässlicher, verblasster Schreibmaschinenschrift der wahre Name von so'nem Freigeist, der wohl schon seit urdenklichen Zeiten in einem von den alten Pavillions im «Sanatorium Vera» in Wien spukt, das wohl früher mal das Lainzer Krankenhaus gewes'n ist: N' geisterhaftes Frauenzimmer, das in der magischen Szene der Alpenrepublik und darüber hinaus wohl unter dem Namen "Vera" bekannt ist, und einen - nun ja, durchwachsenen Ruf genießt. - Absolut nicht das, was ich gesucht hatte, und weshalb ich eigentlich in die Metaebenen aufgebroch'n war, und ich kann mir zudem um's Verreck'n nicht erklären, warum die Ober-Nonne, oder was das für'n Geist war, den ich da mit samt ihren Novizinnen gerettet hab', meint, dass ich den haben sollte! - Kein Plan wo ich da in den Metaebenen war, und warum dort, und nicht da, wo ich eigentlich hinwollte... Und zu allem Überfluss geht mir seit her dieser Ohrwurm von'nem ollen Kirchenschlager permanent in meinem alten, gehörnten Kopp herum: "Ein Feste Burg ist unser Gott...!" - Dabei konnte ich dieses blöde Lied in Wahrheit noch nie ausstehen!
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